Die aktuellen Entwicklungen stellen viele Kulturinstitutionen, Festivals und Veranstalter vor bislang nicht dagewesene Herausforderungen. Völlig neue Bedingungen bringen auch völlig neue Anforderungen an die Kommunikation mit sich. Bisherige Strategien und Maßnahmen funktionieren nicht mehr, wenn sich Ausgangslage, Zielgruppen, Bedürfnisse und das Besucherverhalten so drastisch ändern.

In diesem Beitrag möchten wir uns einmal dem Thema Streamings widmen. Dem Streaming von Konzerten, Lesungen, Ausstellungseröffnungen, Talkrunden und Veranstaltungen.

Ausgangslage

Schauen wir uns einmal die Ausgangslage an. Aufgrund der Krise konnten ganz viele Veranstaltungen nicht stattfinden. Alle Veranstaltungen wurden zunächst abgesagt, daher mussten alternative Formate gefunden werden. In der Zukunft sieht es so aus, dass viele Veranstaltungen immer noch nicht oder nur mit begrenzter Besucherzahl stattfinden können. Wir müssen auch damit rechnen, dass vielleicht wiederholt lokale Lockdowns eintreten können. In allen Fällen besteht das Bedürfnis, ein Publikum zu erreichen mit den eigenen Formaten und da bietet sich das Streaming an.

Digitalisierung vs. Demokratisierung

Auch hier noch einmal: es handelt sich nicht um Digitalisierung, sondern es geht vielmehr um das Thema Demokratisierung. Jeder kann von seinem Handy aus live einen Stream auf Facebook starten. Das ist keine Innovation, das ist Normalität geworden. Wir können professionelle Inhalte selber erzeugen. Das ist die Qualität, die wir haben. Das Potenzial liegt dabei darin, dass wir eigene Kanäle etablieren können und gezielt für unser Publikum senden können.

Erprobte TV-Live-Formate

Dabei können wir uns vor allem an erprobten TV-Live-Formaten orientieren. Darunter fällt das Live-Schalten von Veranstaltungen, Talkshows/Talkrunden, Live-Events und Live-Konzerten. Für jedes einzelne dieser Beispiele gibt es ganz viele Blaupausen aus über 50 Jahren TV-Geschichte, an denen Ihr Euch orientieren könnt und die Euch auch ein Einblick in erprobte Formate geben. Dieses Wissen könnt Ihr für Eure digitalen Streaming-Formate anwenden.

Die Konkurrenz

Trotzdem müssen wir uns einmal mit dem Thema Konkurrenz beschäftigen. Denn gerade zu Beginn des Lockdowns haben viele Museen, aber auch Theater und Schauspielhäuser, gedacht, es wäre jetzt ganz wichtig, online zu gehen und einen Stream zu starten, um sein Publikum so zu erreichen. Denn man nahm an, die Zuschauer hätten nichts anderes zu tun als, dass sie jetzt auf den Stream warten würden. Ganz viele haben aber auch die Erkenntnis gemacht, dass dem nicht so war, denn die Konkurrenz ist einfach sehr groß. Es gibt Netflix, Amazon und Co., TV-Sendungen, andere Aktivitäten, das Wetter, andere Veranstaltungen – all das kann einen Einfluss auf die Zuschauerzahlen haben. Vor allem auch Online-Inhalte von anderen Anbietern, unsere Zuschauer während eines Streamings immer wieder ablenken und auf andere Kanäle ziehen können. Eine wichtige Erkenntnis: Unser Publikum sitzt nicht gelangweilt daheim und wartet darauf, dass wir endlich einen Stream starten.

Ankündigung / Vorfreude / Bewerbung

Deshalb müssen wir das Ganze vernünftig ankündigen, es wirklich effektiv bewerben und eine Vorfreude erzeugen. Es muss der richtige Zeitpunkt für eine Ankündigung gefunden werden.

  • Nicht einfach einen Tag vorher schreiben, dass man eine Live-Veranstaltung streamt und die Zuschauer auf eine Erinnerungsfunktion hinweisen.
  • Für die Zuschauer ein einmaliges Erlebnis inszenieren, für welches es sich auch wirklich lohnt, einzuschalten.
  • Eine Vorfreude aufbauen sowie Programme und Inhalte teasern. Zeigen, was den Zuschauer während des Streams erwartet.
  • Ganz deutlich die Bedürfnisse und Gründe kommunizieren warum man dabei sein sollte. Welchen Nutzen hat man, wenn man dabei ist? Dazu ist es wichtig, das Ganze natürlich umfassend zu bewerben.

Mit Verbündeten arbeiten

Wenn Ihr das machen wollt, dann ist es hocheffektiv, mit Verbündeten zu arbeiten. Insbesondere auf Facebook habt Ihr die Möglichkeit, darüber enorme virale Reichweiten zu erzeugen. Ein Beispiel dafür ist das Format “United We Stream”, das über die Arbeit mit Verbündeten geschafft hat, dieses Streaming-Format in unfassbar hohe Reichweiten zu spielen. Dies passiert alleine dadurch, dass jeder teilnehmende Club, Künstler oder DJ und somit viele Menschen aus diesen Netzwerken diese Inhalte geteilt hat. Ihr könnt andere auf den Stream hinweisen lassen, also die Ankündigung teilen lassen. Ihr könnt den Stream teilen lassen. Ihr könnt die Reichweiten nutzen – von euren Netzwerken, von euren Partnern, von Sponsoren, von Medien, von Kulturinfluencern.

Ihr solltet das alles im Vorfeld planen und fest vereinbaren, sodass, wenn Ihr live geht, es automatisch passiert. Diese Möglichkeit habt Ihr vor allem auf Facebook und deswegen solltet Ihr euch für u.a. für Facebook entscheiden, wenn Ihr Streaming-Formate anbieten wollt und einen viralen Effekt erzielen möchtet. Denn der ist auf YouTube und auf anderen Kanälen in dieser Form nicht zu erwarten.

Der digitale Einlass

Wenn wir nun einen Livestream starten, dann sind nicht alle unsere Zuschauer auf den Punkt sofort anwesend. Deswegen ist es insbesondere auf Facebook sinnvoll, einen digitalen Einlass zu machen. Einfach den Stream schon mal vor dem Hauptprogramm zu starten und ein Vorprogramm anbieten, in welchem dann zum Beispiel eine Aufzeichnung oder Musik eingespielt eine Einführung zu einem Theaterstück oder zu einem Konzert angeboten wird oder auch Hintergrundinformationen geliefert werden. Es kann auch ein Interview eingespielt werden, welches Ihr vorher aufgenommen habt. Außerdem ist es von Bedeutung, dass man die ganze Zeit eine Einblendung darüber dabei hat, dass das Hauptprogramm zur Uhrzeit X starten wird. Somit weißm jeder: ich muss jetzt noch ein paar Minuten dran bleiben und dann startet der Stream. Dann bleiben Interessenten auch erstmal im Kanal drin.

Das kollektive Erlebnis

Auch wichtig ist es, ein kollektives Erlebnis zu erzeugen. Ihr solltet die Zuschauer miteinbeziehen und vor allem auch die Zuschauersituation miteinbeziehen. Das ist ja auch ungewöhnlich, ein Theaterstück eben nicht im Theater zu schauen, sondern zu Hause von der Couch, von der Terrasse aus oder vielleicht sogar im Zug. Daher die Zuschauer miteinbeziehen, die Situation der Zuschauer miteinbeziehen, die Menschen direkt ansprechen und vielleicht auch fragen, in welcher Situation sie sich das Ganze anschauen. Den Chat nutzen und darauf hinweisen.

Die Dramaturgie

Dann in der Dramaturgie auch das Programm und den Ablauf deutlich machen, damit jeder, der einschaltet genau weiß, was wann passieren wird und worauf er sich gerade einlässt. Das Ganze auch moderieren über den Chat oder live. Da mit kurzen Sequenzen arbeiten und klare Unterbrechungen verwenden. Hinweise und Hintergründe könnt Ihr im Chat liefern. Das kann sehr spannend sein, insbesondere bei klassischen Konzert-Formaten. Menschen brauchen immer eine Verbindung zur Musik. Das kann man dann auch machen, indem man Hintergrundgeschichten integriert. Dabei macht es genauso Sinn, sich an erprobten TV-Formaten zu orientieren sowie live und Aufzeichnung zu verbinden. Die Mischung aus Aufzeichnung und live gibt es an ganzen vielen Stellen auch schon bei den TV-Formaten.

Quereinsteiger auffangen

Wenn Menschen nun in Euren Livestream kommen, dann ist wichtig, zu wissen, dass sie nicht alle direkt zum Start kommen. Daher haben sie die Einführung auch nicht mitbekommen. Diese Menschen müssen aufgefangen werden. Sie müssen die Info haben, wo sie da sind. Da muss ein Branding und ein Titel dabei sein, insbesondere, wenn die Inhalte weiter geteilt werden und nicht klar ist, wer der Absender ist. Daher ist das Branding beim Teilen essenziell. Die Zuschauer sollten auch wissen, was sie dort erwartet, was schon passiert ist, was noch kommen wird und wie sie ihre Zeit einplanen müssen. Das kann man zum Beispiel mit Einblendungen erreichen, über den Chat oder über eine Moderation.

Nacharbeit und weitere Verwertung

Dann ist ganz wichtig: Wenn Ihr Euch dazu entscheidet, Streaming-Formate zu etablieren, dann habt direkt in der Konzeption schon die Nacharbeit und die weitere Verwertung und legt diese direkt mit an. Somit wird alles schon für eine weitere Verbreitung und Verarbeitung konzipiert. Danach auch Ausschnitte aus dem Stream veröffentlichen. Auch auf eine Zusammenfassung hinweisen, sowie auf kürzere, längere oder vollständige Mitschnitte.

Und immer wieder die Aufmerksamkeitsmomente nutzen. Wenn Ihr einen kleinen Ausschnitt veröffentlicht, dann darauf hinweisen. Denn ein Mensch, der sich das gerade anschaut ist ja in dem Moment in der Lage, sich ein Video online anzuschauen. Er ist schon in der Situation, dass er das tut. Er hat schon die Bereitschaft, also sollte er auch noch mehr Informationen bekommen, wo er weitere Inhalte findet. Denn es ist gar nicht so einfach, die Menschen online, in den sozialen Medien, in so einer Situation abzuholen. In der sie gerade offen sind und auch die Zeit haben sowie die Aufmerksamkeit, sich mit unseren Inhalten auseinanderzusetzen. Wer schaut, der schaut auch mehr.

Autor*innen

Martin Juhls

Martin Juhls ist Gründer der Initiative Kulturkommunikation, der digitalen Kommunikations- und Strategieberatung für den Kultur- und Veranstaltungsbereich. Die privatwirtschaftliche Initiative berät und schult Kulturinstitutionen, Festivals und Veranstalter in den Bereichen PR, Marketing und digitale Kommunikation. Martin Juhls selbst leitete über zehn Jahre eine eigene PR-Agentur für den Kultur- und Veranstaltungsbereich im Ruhrgebiet, war Mitveranstalter und Leiter der Kommunikation eines großen Musikfestivals und hat in den vergangenen 20 Jahren über 2.000 Veranstaltungen in nahezu allen Bereichen der Kommunikation betreut und oftmals auch konzeptionell mitentwickelt.

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